Chestenberg

Das Leben hinterlässt Spuren

Das Leben ist ein kostbarer Weg, der mit jedem Jahr reicher an Erfahrungen wird – mit Höhen und Tiefen. Ältere Menschen tragen einen wertvollen Schatz an Erinnerungen und Weisheiten in sich, den wir viel zu oft übersehen. Mit dieser Ausstellung möchte ich dem Alter den Respekt und die Würde erweisen, die es verdient, und die Geschichten derer ehren, die diesen Weg bereits gegangen sind.

Gesichter und Hände sind Spiegel eines gelebten Lebens. Sie erzählen von Freude und Schmerz, von harter Arbeit und stiller Wehmut. In Falten und Linien verbirgt sich erlebtes Glück ebenso wie tiefe Narben. Und je ungeschminkter diese Spuren auf uns wirken, desto tiefer berühren sie unsere Seele.

Die Grundlage dieser Ausstellung sind die Geschichten von zehn Bewohnerinnen und Bewohnern des Alterszentrums «Chestenberg» in Möriken-Wildegg. Offen und frei haben sie mit mir über ihr Leben gesprochen – über Glücksmomente und Verluste, über Stolz und Verletzlichkeit. Dabei wurde gelacht, gescherzt und manchmal auch geweint.

Das Leben ist wie ein Spiegel: Lächelst du, lächelt er zurück. Diese einfache Weisheit habe ich an einem einzigen Tag von diesen wunderbaren Menschen gelernt – und dafür bin ich sehr dankbar.

Trotz aller Herausforderungen strahlen sie eine innere Ruhe und Zufriedenheit aus, die unsereins oft fehlt. Sie finden Freude in kleinen Momenten und Dankbarkeit für das, was sie haben, anstatt pausenlos nach mehr zu streben.

Man sagt, Fotografie sei die Kraft des Sehens. Doch im Chestenberg habe ich erfahren: Es sind die Herzen, die uns fühlen lassen. Achten wir also mehr auf unsere Herzen.

Allzu viel Schönes gibt es bedauerlicherweise nicht zu erzählen. Doch an einen wunderbaren Tag am Weihnachtsmarkt in Colmar erinnere ich mich gerne zurück. Ansonsten bin ich ziemlich stolz darauf, dass ich einigermassen gut und problemlos durchs Leben gekommen bin. Und dass ich mit 93 Jahren noch recht gesund bin; das ist wirklich grossartig.
Hätte ich einen Wunsch frei, dann würde ich liebend gerne ein weiteres Mal nach Colmar fahren. Die Jungen sollen so viel reisen wie möglich – im Alter ist das leider nicht mehr so gut möglich.

Anne-Marie Setz
Jahrgang 1930, Mutter, Hausfrau
und Haushälterin

Was kann ich sagen… Ich bin dankbar dafür, gesund zu sein und ein schönes Leben zu haben. Hier im Chestenberg habe ich gute Freunde gefunden und ich erfahre grosse Wertschätzung.
In meinem Leben habe ich persönlich viel erreicht und blicke mit Dankbarkeit auf alles zurück. Ich bereue nichts und ich bin wunschlos zufrieden mit dem, was ich habe.

René Ramseier
Jahrgang 1951, Staplerfahrer

Mit 19 Jahren wurde ich im Restaurant Edelweiss im Bündnerland als Köchin angelernt. Das war eine herrliche Zeit; und tatsächlich konnte ich sehr gut kochen.
Leider konnte ich nur ein Jahr lang in den Bergen bleiben, da zuhause das Geld knapp wurde und ich für meine Eltern arbeiten musste.
Als unsere Tochter Drillinge bekam, war das für meinen Mann und mich unser grosses Glück.
Hier im Chestenberg ist mir wohl und ich bin zufrieden. Noch lieber würde ich allerdings in einem Bergrestaurant Gäste bewirten.

Annerösi Koller
Jahrgang 1931, Garagistin

Die Landwirtschaftsschule habe ich sehr geliebt. Und in meiner Jugend hatten einige Jungs frisierte Töfflis – das was das Grösste. Noch heute bin ich stolz auf unseren Hof mit den zehn Kühen. Wir hatten zwar nicht viel Geld, aber uns fehlte es an absolut nichts.
Noch stolzer bin ich auf meine drei gesunden Kinder. Einer meiner Söhne ist Lokomotivführer bei der Wynental- und Suhrental-Bahn.
Ob ich etwas bereue? Nein, kein bisschen. Ich bin sehr zufrieden mit dem, was war und geniesse auch heute ein gutes Leben.

Ernst Wernli
Jahrgang 1951, Landwirt

Ich hatte so gut wie keine wirklich schönen Erlebnisse in meinem Leben – dennoch fehlt es mir an nichts. Meine Gesundheit ist gut und ich habe alles, was ich brauche.
Träume und Wünsche? So etwas kenne ich nicht.
Mein Rat an die Jugend: Raucht nicht, trinkt keinen Alkohol, meidet Drogen und Gewalt.

Jytte Roth
Jahrgang 1943, Köchin

Es gibt, so finde ich, nichts zu sagen. Die Bilder sollen für sich sprechen.

Paul Wälti
Jahrgang 1937, Grenzwächter

Oh, ich kann mich an viele schöne Momente erinnern.
Einst war ich mit dem Schäferhund im Wald unterwegs und wir konnten fünf junge Füchslein beim Spielen beobachten. Das war wunderschön und bleibt mir bis heute in bester Erinnerung.
Ich bin sehr stolz auf meinen Sohn und es gibt absolut nichts, das ich bereue.
Allerdings wünschte ich mir, meine Beine wären gesunder – dann könnte ich wieder Rock ’n’ Roll tanzen.

Silvia Knaus
Jahrgang 1944, Allrounderin, Wirtin, Kioskleiterin, Kassiererin, Telefonistin

Ein Helikopterflug auf die Holandiahütte im Wallis auf über 3000 Metern – das was war ein Wahnsinns-Erlebnis!
Ich bin dankbar und froh, dass ich gesund bin und hier im Chestenberg sein darf. Hier fühle ich mich ausgesprochen wohl und kann wunderbare Freundschaften pflegen.
Nein, ich bereue nichts. Dürfte ich mir jedoch etwas wünschen, dann wären das wohl Ferien im Ausland; beispielsweise in Amerika oder Neuseeland.
Und für die Jugend hege ich den Wunsche, dass sie nicht mit dem Rauchen anfangen.

Walter Bryner
Jahrgang 1951, Maschinenführer

Leider bin ich nicht mehr so fit, wie ich es gerne wäre und mein Gedächtnis lässt mich nur allzu oft im Stich.
Allerdings entsinne ich mich, dass ich viele Jahre in Frankreich gelebt habe und dies die schönste Zeit meines Lebens war.
Heute wünschte ich mir, dass ich wieder gut und sicher gehen könnte und ein bisschen jünger wäre.

Anni Rieser
Jahrgang 1938, Mutter

Ein Höhepunkt in meinem Leben? Eine fünfwöchige Reise durch Australien – das war einmalig!
Ich bin ein grosser Amerika-Fan und fuhr einen Cadillac. Hei, was war ich stolz auf dieses Auto.
Als meine Frau starb, musste sie nicht lange leiden; dafür bin ich äusserst dankbar.
Ich bereue nichts im meinem Leben und wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich gerne nach Neuseeland reisen.

Jakob Meier
Jahrgang 1948, Dachdecker, Masseur, Mu-siker

Tatort: Chestenberg

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